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und Kompetenztraining lassen sich in diesem Teil des Modells einset-
zen. Jede Kompetenz, die zu einem besseren und reicheren Leben bei-
trägt – von der Verhandlungskompetenz bis zum Zeitmanagement, von
der Selbstbehauptung bis zur Problemlösung, von der Selbstberuhigung
bis zur Bewältigung von Krisen – kann in diesem Abschnitt des Hexaflex
gelehrt werden, vorausgesetzt, sie dient einem werteorientierten Leben
und nicht der Erfahrungsvermeidung (siehe Kapitel 2).
Psychische Flexibilität: Diamant mit sechs Facetten
Erinnern Sie sich immer wieder daran, dass es sich bei den sechs Kernpro-
zessen der ACT nicht um voneinander unabhängige Prozesse handelt. Auch
wenn wir sie aus pragmatischen Gründen getrennt voneinander behandeln,
damit Therapeuten und Klienten ACT leichter erlernen und anwenden
können, bietet es sich an, sie sich als sechs Facetten eines Diamanten vor-
zustellen. Der Diamant selbst ist die psychische Flexibilität.
Psychische Flexibilität ist die Fähigkeit, unserem Erleben des gegen-
wärtigen Augenblicks mit Gewahrsein und mit Offenheit zu begegnen
und uns in unserem Handeln von unseren Werten leiten zu lassen. Mit
einfacheren Worten: Es ist die Fähigkeit, „präsent zu sein, sich zu öff-
nen und zu tun, was wichtig ist“. Theoretischer ausgedrückt besteht das
Hauptziel von ACT darin, die psychische Flexibilität zu erhöhen. Je mehr
wir in der Lage sind, vollkommen bewusst zu sein, unseren Erfahrun-
gen mit Offenheit zu begegnen und im Einklang mit unseren Werten
zu handeln, desto höher wird unsere Lebensqualität sein, da wir mit den
Problemen und Herausforderungen, die das Leben unweigerlich mit sich
bringt, weitaus effektiver umgehen können. Wenn wir uns voll und ganz
auf das Leben einlassen und uns von unseren Werten leiten lassen, füh-
len wir uns lebendig. Der Begriff „Lebendigkeit“ wird in ACT häufig ge-
braucht. Lebendigkeit ist kein Gefühl, sondern das Empfinden, voll und
ganz im Hier und Jetzt zu leben, wie auch immer wir uns gerade fühlen
mögen. Wir können uns sogar auf unserem Sterbebett oder in tiefster
Trauer als lebendig erleben, denn: „in einem Augenblick des Schmerzes
steckt so viel Leben wie in einem Augenblick der Freude“.4
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